Grundeinkommen für Kulturschaffende: das Arbeitspapier
- Auch nach Corona wird die Situation für Künstler*innen nicht viel besser werden. Jahrelang ging es bergab. Als Beispiel für dieses Arbeitspapier sei der Einfachheit halber und pars pro toto der Schriftsteller gewählt. Orientieren wir uns an einem typischen Solo-Autor.
- Viele Verlage sind vom Markt verschwunden, die verbliebenen bieten zum Teil nur noch entwürdigende Konditionen. Mit dem Internet und den Smartphones gingen unzählige Leser*innen verloren, dank Amazon mussten viele Buchhandlungen aufgeben oder kämpfen ums Überleben. Somit schwinden künftig die Lesemöglichkeiten für Autoren weiter. Zahlreiche Schriftsteller*innen haben ihren Job an den Nagel gehängt oder müssen anderweitig Geld verdienen. Ihr eigentlicher Beruf bleibt auf der Strecke.
- Entweder wir begreifen, dass die Kunst und Literatur zur DNA unseres Landes gehören und ermöglichen ihr gesellschaftlich ein würdiges Dasein oder wir überlassen sie dem Markt.
- Ein Grundeinkommen für Künstler*innen erscheint dabei als einzige Möglichkeit. Wie es genau ausgestaltet wird, müssen die Fachleute erarbeiten. Wie könnte ein*e freie*r Schriftsteller*in ein Grundeinkommen erhalten und wie hoch sollte es mindestens sein? Der Hartz-IV-Satz sollte nicht die Basis sein, denn der/die Künstler*in will nicht Arbeit suchen, er arbeitet in seinem Beruf, er hat einen Arbeitsplatz. Ein Betrag von 1200 Euro im Monat kann aus unserer Sicht als Diskussionsgrundlage dienen.
- Wer soll dieses Grundeinkommen beziehen können, wie definieren wir Schriftsteller*in bzw. Künstler*in? Jede*r, der/die in der Künstlersozialkasse versichert und Mitglied in mindestens einer Verwertungsgesellschaft oder vergleichbaren Institution ist, somit also nachweisen kann, dass er/sie Werke schafft bzw. Bühnenkünstler*in ist, sollte die Möglichkeit haben, Grundeinkommen zu beziehen.
- Der Künstler/die Künstlerin bekommt dabei nicht etwa monatlich 1.200 Euro überwiesen. Vielmehr kann der Betrag, mit dem ihn/ihr unsere Gesellschaft entlohnt, per Einkommensteuer verrechnet werden. Macht der Künstler/die Künstlerin einen Gewinn von 7.000 Euro im Jahr, so bekommt er/sie mit dem Einkommensteuerbescheid den Fehlbetrag von 12 x 1.200 = 14.400 Euro, also 7.400 Euro, überwiesen. Dieses Vorgehen hielte einerseits den bürokratischen Aufwand in Grenzen, andererseits motivierte es den Künstler/die Künstlerin, stetig an seinen/ihren Werken zu arbeiten, zumal jede*r Künstler*in an seinem/ihrem Schaffen interessiert ist. Jede*r Schriftsteller*in will eigene Texte auf der Bühne vortragen und dafür Honorar erhalten. Der entwürdigende Gang zur Agentur für Arbeit, reichlich Frust und Bürokratie entfielen.
- Die Kosten für die Allgemeinheit hielten sich dadurch in definierten Grenzen. Zu überlegen ist, ob man den Kunstkonsumenten nicht mittels einer Solidarabgabe beteiligt. Auf jede verkaufte Eintrittskarte für kulturelle und verwandte Veranstaltungen (etwa der Karlsruher Stadtgarten, der Lesungen auf Seebühne durchführt) sollen 50 Cent erhoben werden. Ein kleiner Betrag, der sich durch die Menge aufsummiert. Jede Institution weiß am Ende des Jahres, wie viele Eintrittskarten verkauft wurden und kann diese abführen. Zu überlegen ist auch eine Solidarabgabe von 0,5 bis 1% für sehr gutverdienende Künstler*innen auf ihr Einkommen. Oder eine einmalige Solidaritätsabgabe des reichsten Teils der Bevölkerung, der viele Milliarden in die Kasse spülen würde.